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Klaus Allofs: „Ich musste überredet werden“


Klaus Allofs blickt auf eine großartige Karriere zurück. Ob als torhungriger Fußballer im In- und Ausland oder als Fußballmanager in Bremen und Wolfsburg: Allofs sammelte Trophäen, stand stets für Kontinuität, damals wie heute. Seit dem 28. September 2020 gehört er nun dem Vorstand des Zweitligisten Fortuna Düsseldorf an. Aber auch die schnellen Pferde haben ihn von Kindesbeinen an fasziniert. Frank Schmitz hat sich mit Klaus Allofs unterhalten. Die folgenden Aufzeichnungen wurden von ihm autorisiert.

Galopp Intern:
Am 2. Mai 2010 lief der Hengst Codoor in Bremen als erstes Pferd für Ihre seitdem erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Stiftung Gestüt Fährhof. Wie kam es zu dieser Besitzergemeinschaft?

Klaus Allofs:
Es war fast naheliegend, denn zu meiner Bremer Zeit lag der Fährhof in Sottrum sozusagen um die Ecke. Damals hatte ich eine Zeit lang keine Pferde gehabt und durch den Job bei Werder Bremen auch wirklich keine Zeit. Dann habe ich Kontakt zu Andreas Jacobs geknüpft, wobei es um Werder ging. Dann haben wir doch über Pferde gesprochen, wie das so geht. Er fragte mich, ob ich nicht nochmal was machen möchte. Und die Idee entstand, es gemeinsam zu initiieren. Mit Codoor fing dann alles an. Das ist nicht nur eine Partnerschaft, sondern eine Freundschaft geworden. Sowohl mit der Familie Jacobs, sprich Andreas, als auch mit Simon Stokes. Wir haben sehr viele schöne Stunden gemeinsam verlebt.

GI:
War denn ihr „Feuer“ für den Rennsport zwischenzeitlich erloschen?

Allofs:
Nein, das kann man so nicht sagen. Für zwei, drei Jahre war meine Leidenschaft vielleicht etwas zu kurz gekommen, sonst habe ich mir schon immer die Fohlen respektive Jährlinge auf den Koppeln angeschaut. Ich habe es nur zeitlich nicht mehr geschafft. Die Begeisterung war und ist sowieso unverändert geblieben.

GI:
Apropos Bremen. Was sagen Sie zur Entwicklung der dortigen Galopprennbahn?

Allofs:
Ich habe drei Jahre als Spieler und zwölf Jahre als Manager in Bremen gearbeitet. Fünfzehn Jahre war die Vahr meine Heimat. Eine Bahn, die ich sehr gerne besucht habe. Unser Werder-Renntag war einmalig. Von der Linienführung her ideal, von der Konzeption her dem Idealzustand sehr nahe. Das tut schon weh, wenn sie zum Politikum wird, über viele Jahre als Sport der Reichen angesehen wurde. Ich glaube, dass die Rennbahn in Bremen ein wichtiger Bestandteil der Bevölkerung ist. Ja, man hat Fehler in der Vergangenheit gemacht, das darf man nicht verschweigen. Doch finde ich es schade, dass ein Teil der Historie Bremens ganz verschwinden soll, das wäre sehr tragisch. Wenn man eine Stadtregierung hat, die nichts mit dem Kulturgut Galopprennen am Hut hat, passiert genau das. Es macht mich sehr traurig.

GI:
Wer ist denn der emotionsreichere Typ, Ihre Frau Ute oder Sie?

Allofs:
Ursprünglich ich selbst, aber wir leben den Galopprennsport ja seit sehr vielen Jahren gemeinsam. Meine Frau war mit Wake Forrest in Chicago oder mit Potemkin in New York und Chantilly, als er den Prix Dollar gewonnen hat. Auch in Rom beim Premio Roma. Die großen Erfolge hat eigentlich meine Frau gefeiert. Ich war halt oft durch meinen Beruf verhindert. Dadurch ist eine besondere Liebe und Begeisterung zu Potemkin entstanden. Diese Momente vergisst man nicht.

GI:
Haben Sie mit ihrem Bruder Thomas die Pferdeleidenschaft schon mal geteilt und wer ist eigentlich der bessere Spieler bei ihrer gemeinsamen Leidenschaft Golf?

Allofs:
Vor vielen Jahren hatten wir mal einen Jährling zusammen, der leider eingegangen ist. Thomas ist leidenschaftlicher Golfer, die Pferde haben ihn selten so gepackt. Mein Bruder spielt sehr viel passionierter und besser. Thomas hat ein Handicap von 7, manchmal unter 7, meines liegt bei 22. Ich müsste mehr spielen, mehr trainieren. So versuche ich zumindest einmal die Woche beim Herrengolf zu erscheinen.

GI:
Sie tragen den Namen Ihres Großvaters Leo als zweiten Vornamen. Welchen Einfluss hatte er bei der Entdeckung der Leidenschaft Galopprennsport gehabt?

Allofs:
Einen großen. Mein Großvater war Konditor und hat ein Cafe in Düsseldorf gehabt und die ganze Woche sehr hart gearbeitet. Wenn Sonntagmittag alle Torten fertig waren, hat er mich mit zur Fortuna oder zu den Rennen auf den Grafenberg genommen. So fing alles an.

GI:
Kann man Ihren aktuellen Tagesablauf als je ein Drittel Fortuna, Rennverein und Golfen aufteilen?

Allofs (lacht):
Eher ein Drittel schlafen, oder? Nein, die Fortuna ist ein Fulltime-Job. Ich bin voll eingespannt, ebenso in die ein oder andere Vorstandssitzung für den Düsseldorfer Reiter und Rennverein. Die Kontakte sind meistens telefonisch und regelmäßig, ob zu den Herren Endres und Woeste und zu Frau Höngesberg.

GI:
Also eine Herzensangelegenheit?

Allofs:
Ich musste überredet werden (lacht). Nein, ich freue mich jedes Mal, wenn es am Wochenende Richtung Grafenberg geht. Dabei ist es immer wieder bemerkenswert,wie viele Menschen den Weg über die Rennbahn suchen. Die Anlage rückt näher in das Bewusstsein der Düsseldorfer, gerade in aktuellen Corona-Zeiten. Dabei müssen wir auch das Verhältnis zur Stadt hinbekommen. Ich bin überzeugt davon, dass sich die Galopprennbahn Grafenberg positiv entwickeln wird. Dabei müssen wir den Breitensport fördern, das ist in anderen Sportarten genauso. Das heißt, man muss allen Pferden die Chance geben, Geld zu verdienen. Dass auch „kleine Besitzer“ eine Chance haben, einigermaßen kostendeckend zu arbeiten. Man darf auf der anderen Seite nicht versäumen, die Qualität im Auge zu behalten. Dahingehend möchten wir unsere Ausschreibungen verfeinern. Wir wissen auch, dass wir gegen die Konkurrenz der französischen Rennen kämpfen. Pferde aus dem Ausgleich II und höher finden ja kaum noch ein Betätigungsfeld in Deutschland. Da müssen wir uns Gedanken machen, wie wir diese Pferde wieder unserem Publikum zeigen können. Rennen sind nicht gleich Rennen, sondern Rennen mit sehr guten Pferden sind noch schöner als „normale Rennen“. Die besseren Prüfungen ziehen auch die Leute mehr an. Das sollte man nicht unterschätzen.

GI:
Streben Sie neben der Vorstandsarbeit beim DRV noch andere Funktionen in Gremien des deutschen Galopprennsports an?

Allofs:
Ich hab das nicht vor, nein, und auch klar gesagt. Mein Beruf und meine Aufgabe bei der Fortuna hat Vorrang. Dann gibt es noch Zeit, um mich im Rennverein zu engagieren. Das soll es dann erst Mal sein. Da gibt es eine Menge zu tun. Wir wollen erst einmal sehen, wie wir voran kommen, wie wir Dinge nach vorne bringen können. Leider ist durch Corona vieles nicht messbar, fehlende Zuschauer schränken uns wie viele andere Sportarten sehr ein. Viele Ideen und Änderungen, die wir umsetzen wollen, kommen im Moment nicht zur Wirkung. Dabei hoffe ich natürlich, dass wir schnell zu einer Normalität zurückkehren. Und dann haben wir schon ein paar gute Ideen. Ich glaube, dass wir die Düsseldorfer Galopprennbahn sehr attraktiv gestalten können. Im Übrigen haben wir mit Frau Höngesberg eine sehr engagierte Geschäftsführerin gefunden, die frischen Wind mitgebracht hat.

GI:
Hat es einen besonderen Grund, dass Sie als „Düsseldorfer Junge“ aktuell in Duisburg leben?

Allofs:
Nein, manchmal ist es einfach nur Zufall. Wir wollten nach meiner Station in Wolfsburg zurück in den Westen. Da haben wir hier am Innenhafen eine sehr schöne Bleibe gefunden. Wer sich Duisburg genauer anschaut und bodenständig leben möchte, wird die Vorzüge erkennen. Zudem bin ich in 20 Minuten in meinem Büro in der Arena oder auf der Galopprennbahn.

GI:
Stichwort Fortuna Düsseldorf, was sind Ihre Hauptaufgaben genau?

Allofs:
Der gesamte Fußball-Bereich und dabei insbesondere die Entwicklung unserer Profimannschaft steht natürlich im Vordergrund. Gemeinsam mit meinem Vorstandskollegen Uwe Klein versuchen wir die Fortuna wieder in Richtung 1. Bundesliga zu bringen. Aber auch andere Bereiche wie Kommunikation und CSR (Umweltthemen, Nachhaltigkeit, soziales Engagement) gehören zu meinen Aufgaben.

GI:
Hatte Fortuna Düsseldorf den Aufstieg als Ziel direkt wieder aufgerufen?

Allofs:
Wir haben sehr unruhige Zeiten hinter uns, gerade nach dem Abstieg. Holprige Vorbereitungszeit, jeweils 20 Spieler abgegeben und hinzubekommen. Wir müssen ambitioniert sein, streben den Aufstieg an. Wir wissen aber auch um die Probleme, die wir überwinden mussten. Eine kurze Vorbereitung, viele Verletzte usw.. Und dann haben wir sehr gut begonnen. Auch wenn es nicht so ausschaut, sehe ich im Moment noch eine Chance, den dritten Rang zu erreichen. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen sind nicht so wie bei einem Erstligaclub. Das bedarf sehr wohl überlegter Entscheidungen. Wenn es nicht klappt, dann greifen wir wieder an.

GI:
Wer steigt in die Bundesliga auf?

Allofs:
Stand heute: Bochum, dahinter sehe ich den HSV, der allerdings auch nicht so gefestigt wirkt, dahinter Greuther Fürth, Kiel, ein bisschen möchte ich uns auch noch anmelden für den dritten Rang.

GI:
Wie hat Corona Ihr Leben persönlich verändert?

Allofs:
Meine Frau und ich werden demnächst unsere erste Impfung bekommen. Corona hat uns genauso eingeschränkt, viele Dinge sind halt nicht möglich. Unsere traditionelle Reise nach Florida über Weihnachten zum Beispiel. Seit September 2020 arbeite ich für Fortuna Düsseldorf. Teilweise im Homeoffice, teilweise im Büro. Dabei habe ich auch Privilegien, keine Frage: Wie zum Beispiel, Heimspiele und Auswärtsspiele live anzuschauen. Ebenso als Besitzer und Funktionär die eine oder andere Rennbahn zu besuchen. Dessen bin ich mir bewusst. Corona hat große Löcher in die Kassen gerissen, ob bei Fußballclubs oder bei Rennvereinen. Da warten noch große Herausforderungen auf uns. Ich hoffe, wir finden schnell zur Normalität zurück.

GI:
Wie fasziniert man Menschen für den Galopprennsport?

Allofs:
Wir, die Rennsportbegeisterten, sind schon ein spezielles Völkchen. Meine Frau und ich haben schon öfters Freunde zu den Rennen mitgenommen. Wie zum Beispiel beim Preis der Deutschen Einheit in Hoppegarten, als Potemkin gewann. Die waren sofort dabei. Dranbleiben und intensiver erleben verlangt aber schon etwas mehr, als Leute langfristig zu begeistern. An die Zeiten unseres Stalles Gerricus denke ich gerne zurück. Unsere gemeinsamen Erlebnisse, bei denen Freundschaften entstanden sind. Wir müssen die Rahmenbedingungen verbessern, einen professionelleren, einen sauberen Sport abliefern. Dann wächst auch die Begeisterung.

GI:
Sie haben für beide Clubs im Rheinland, Fortuna Düsseldorf und den 1.FC Köln, gespielt und haben mal in einem Interview gesagt, Sie seien als Botschafter nach Köln gegangen.

Allofs:
Das war ein Scherz. Eine positive Rivalität zwischen beiden Städten hat es immer gegeben. Damit sollten intelligente Menschen kein Problem haben. Für mich war es damals ein Riesenschritt und eine sportliche Weiterentwicklung, nach Köln zu wechseln. Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt und bin trotzdem ein Düsseldorfer geblieben. Wir leben die rheinische Toleranz bei aller Rivalität, die ich auch gut finde.

GI:
Wo führt der Weg des Galopprennsports hin?

Allofs:
Die große Aufgabe des Rennsports ist es, kostendeckend zu arbeiten. Das ist die wichtigste, die die Verantwortlichen haben. Und dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen besser werden. Daran können wir alle arbeiten, dass die Umsätze, die wir bitter nötig haben, auch da landen, wo wir sie dringend brauchen.

GI:
Ihre emotionalsten Momente im Galopprennsport?

Allofs:
Emotionale Momente gab es eine ganze Menge. Angefangen mit den Siegen in Iffezheim für die Stall Gerricus-Farben bis hin zum ersten Sieg der Stute Wladima in den eigenen lila-weißen Farben. Die schönsten Momente fallen aber in die Zeit der Partnerschaft mit dem Gestüt Fährhof. Wake Forrest, Langtang, Rolando, oder aktuell Principe haben mit ihren Siegen in Gruppe oder Listenrennen uns ganz oft den Puls in die Höhe getrieben und uns viel Freude bereitet. Die absoluten Highlights waren allerdings die vielen Erfolge und die damit verbundenen Reisen mit unserem Potemkin. Inzwischen ist er 10 Jahre alt und sollte schon vor 3 Jahren in den Ruhestand gehen und die Aufgabe des Führpferds für junge Pferde im Gestüt Fährhof übernehmen. Doch Jahr für Jahr zeigt er uns seine Lust noch weiter Rennen zu laufen. So war sein Sieg mit Dennis Schiergen im Sattel, letztes Jahr in einem Gruppe-III-Rennen in Mailand, besonders emotional. Nicht nur die Art und Weise, wie er dieses Rennen gewonnen hat, sondern auch wie das italienische Publikum ihn und das ganze Team gefeiert haben. Das war ganz großer Sport!

Interview: Frank Schmitz

17.04.2021